25.10.2000

Being John Malkovich

Wer den Humor von Monty Python schätzt, der hat gute Chancen, daß ihm auch "Being John Malkovich" gefallen wird. Es ist keine Voraussetzung, aber es könnte helfen. Selten hat man einen so abgedrehten und dabei so un-albernen Film gesehen.

Eine Grundidee des Films ist die Frage, wie es ist jemand anders zu sein. Man stelle sich vor, es sei ganz einfach, in jemanden anders zu schlüpfen - und zudem noch in eine prominente Person: In den amerikanischen Schauspieler John Malkovich. Diese Möglichkeit bietet sich Craig Schwartz (John Cusack), einem erfolglosen Puppenspieler, der einen Bürojob in der 7 ½. Etage eines New Yorker Gebäudes angenommen hat. Von dort aus führt ein Gang direkt in das Gehirn des noch ahnungslosen Malkovich. Der ungebetene Besucher kann dort für 15 Minuten verweilen und die Welt aus der Sicht von Malkovich betrachten, bevor er wieder herauskatapultiert wird und zwar ausgerechnet auf eine abgelegene Böschung am New Jersey Highway.
Als ob das nicht schon verwirrend genug wäre, verliebt sich der bereits verheiratete Craig noch in seine ebenso gutaussehende wie selbstbewußte Kollegin Maxine (Catherine Keener). Natürlich erzählt er ihr sofort von seiner Entdeckung, und sie weiß daraus Kapital zu schlagen, indem die beiden von jedem Besucher von Malkovichs Gehirn 200 Dollar verlangen. Für wen das schon recht verrückt klingen mag, der sollte sich mal anschauen, was noch alles passiert... Es beginnt ein chaotischer Tausch der Identitäten und Geschlechter, der nur um so mehr verdeutlicht, daß man das möglichst Beste aus seinem eigenen Leben machen sollte.

Spike Jonze liefert mit seinem Spielfilm-Debüt ein mehr als gelungenes Werk ab. Es ist sehr witzig und skurril, mit einen Hang zum Surrealen - dabei ist es sicher auch nach mehrfachen Sehen noch interessant, weil Being John Malkovich nicht auf der unterhaltsamen Ebene steckenbleibt. Der Film ist so voll mit Ideen und Motiven, daß mehrfaches Sehen schon fast notwendig wird, um diese Fülle überhaupt verdauen zu können. So wäre auch ein Kritikpunkt, daß der Film zu überladen ist und zum Ende hin ein wenig langatmig wird.
Ein Film, dessen Grundidee schon so gut ist, braucht nicht unbedingt noch unzählige weitere von der gleichen Qualität. Fast könnte man aus der Menge von Material mehrere neue Filme machen.

Jonze war bisher nur durch seine außergewöhnlich originellen Videoclips bekannt. Zu denen gehören der Clip-Klassiker Sabotage von den Beastie Boys (eine Parodie auf schlechte Polizei-Serien der 70er), Itīs Oh So Quiet von Björk (im zuckersüßen Stil der amerikanischen Tanzfilme) oder auch Praise von Fatboy Slim (eine Art improvisierter Tanz-Slapstick?). Somit geschätzte und immer wieder gern gesehene Clips, die aus der Masse der Videoclips herausragen. Ab und zu hat sich Spike Jonze auch schon als Darsteller betätigt, wie in eben diesem Fatboy Slim-Video.
Alle Darsteller von Being John Malkovich sind sehenswert, das Film-Ehepaar John Cusack und Ex-Modell Cameron Diaz beweisen Mut zur Häßlichkeit: In jeder Einstellung mit den beiden möchte man verzweifelt nach einem Friseur schreien.
Hervorzuheben ist auch Femme Fatale Catherine Keener und nicht zuletzt Hauptfigur John Malkovich, der sich zumindest teilweise selbst spielen darf. Daß keiner genau weiß, in wie weit wir den "echten" John Malkovich zu sehen kriegen oder wieder nur eine Rolle, macht einen großen Reiz des Films aus. Nicht unbegründet gibt es hier den Runnig-Gag, daß sich keiner an einen Film erinnern kann, in dem er mitgespielt hat. Malkovich hat im Vergleich zu anderen Hollywood-Darstellern die Blockbuster gemieden (Gegenbeispiele: Con Air, In The Line Of Fire) und ist mehr als Charakterdarsteller bekannt. Oft sah man ihn in Literaturverfilmungen, wie etwa in Death Of A Salesman, Of Mice And Man und Portrait Of A Lady. Am bekanntesten dürfte seine Rolle in Gefährliche Liebschaften sein. Gerne wird Malkovich als "Bösewicht" gecastet.
Sozusagen als Bonus bietet der Film nach einige kurze Gastauftritte, schon allein der verdutzte Gesichtsausdruck von Brad Pitt ist sehenswert. Anzumerken ist der Soundtrack von Carter Burwell, der bisher für die Filme der Coen - Brüder komponierte. Auch Björk hat hier einen Song dazu beigetragen.

Dieser Film wird Sie bestimmt nicht langweilen. Fazit: Gönnen Sie sich diesen Trip!
"Tune in, turn on, drop out."

 

Jessica Ridders / Wertung: * * * * (4 von 5)


Filmdaten
Being John Malkovich (Being John Malkovich)

Regie: Spike Jonze; Buch: Charlie Kaufman; Kamera: Lance Acord; Schnitt: Eric Zumbrunnen; Musik: Carter Burwell; Darsteller: John Cusack (Craig Schwartz), Cameron Diaz (Lotte Schwartz), Catherine Keener (Maxine), Orson Bean (Dr. Lester), Mary Kay Place (Floris), W. Earl Brown (Erroll), Carlos Jacott (Malkovich's Agent), Byrne Piven (Mertin), John Malkovich (John Horatio Malkovich), Ned Bellamy (Derek Martini); als Gäste: Charlie Sheen als er selbst, David Fincher als Christopher Bing u.a.

USA 1999, 112 Minuten, FSK: ab 12.

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