22.03.2020

Bar25
- Tage außerhalb der Zeit

Die ehemalige Bar25 am Spreeufer war bis zu ihrer Schließung im Herbst 2010 eine der beliebtesten Berliner Party-Locations. An der betont verspielten Clublandschaft mit zugehörigem Restaurant, einem kulturellen Rahmenprogramm und den oft tagelangen, exzessiven Elektro-Parties kam im Grunde kein/e Szenegänger/in an der Bar25 vorbei. Mit einem durchweg subjektiv gefärbten Blick kommt nun der Dokumentarfilm "Bar25 – Tage außerhalb der Zeit" daher. Das Regiedebüt von Britta Mischer und Nana Yuriko nimmt die behördlich erzwungene Schließung des Clubs, der im Zuge des Mediaspree-Bauprojekts rund um die O2-World dem Bau von Bürogebäuden weichen musste, zum Anlass für eine Hommage an die vormaligen Betreiber und das freie und individualistische Lebensgefühl, das die Bar25 auszeichnete.

Der Großteil des Dokumentarfilms verweilt auf dem ehemaligen Clubgelände der Bar25 und taucht mit stilbewussten HD-Bildern, die über einen Zeitraum von sechs Jahren entstanden sind, in das dortige Treiben ein. Auf diese Weise vermitteln die Regisseurinnen auf sehr plastische Weise ein Gefühl für die auf Spaß und maximale Freiheit ausgerichtete Atmosphäre, die in der international bekannten Bar25 herrschte und die das Stammpublikum magisch in ihren Bann zog. Kurze Interviews mit einigen Gästen und den Betreibern, die zum Teil in Wohnwagen direkt am Spreeufer residierten, liefern punktuelle Einsichten in den Mikrokosmos der Berliner Nachtschwärmer, die sich bewusst von der "grauen Außenwelt" abgrenzen.

Ebenjene Außenwelt bricht im Verlauf des Films jedoch unerbittlich in den Kommunen-artigen Zufluchtsort ein: So stürmt in einer Szene eine Polizeimannschaft das Gelände und konfisziert wegen einer Lärmbeschwerde die Boxen, bevor die Kündigungsschreiben der Vermieter unter den Leitern des Clubs für Verzweiflung sorgen und stellvertretend für die fortschreitende Gentrifizierung in den verschiedenen Berliner Stadtbezirken stehen. Anfängliche Versuche, das Ende des Clubbetriebs mit diversen Behördengängen abzuwenden, schlagen jedoch fehl, so dass die Bar25 nach mehreren Abschiedsparties endgültig ihre Türen schließen musste. Seiner uneingeschränkten Sympathie für die Lebensentwürfe der Betreiber und Besucher/innen entsprechend, begleitet "Bar25 – Tage außerhalb der Zeit" die Räumung des Geländes mit einem nostalgischen Tonfall, dem man in Anbetracht der vorangegangenen Bilder voller Ausgelassenheit und Lebensfreude beipflichten möchte.



Diese Filmkritik ist zuerst erschienen bei fluter.de.

 

Christian Horn / Wertung: * * * (3 von 5)



Filmdaten

Bar25 - Tage außerhalb der Zeit


Deutschland 2012
Regie & Drehbuch: Britta Mischer, Nana Yuriko;
Produzent: Andro Steinborn; Kamera: Stefanie "Peppa" Meissner, Alexander Schmalz; Musik: Reecode; Schnitt: Bilbo Calvez, Bobby Good;

Länge: 95,15 Minuten; FSK: ohne Altersbeschränkung; deutscher Kinostart: 3. Mai 2012



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Zitat

"Was soll das denn sein - wo du doch Schauspieler sein kannst? Da will man doch nicht Arzt werden!"

Die Reaktion der schauspielernden Eltern von Michael Verhoeven (13. Juli 1938 - 22. April 2024) auf seinen Wunsch, Medizin zu studieren - er wurde Regisseur ("o.k.", "Die weiße Rose"), Schauspieler ("Das fliegende Klassenzimmer" (1954), "Der Pauker") und Arzt

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