05.08.2015

Arbitrage
- Macht ist das beste Alibi

Richard Gere ist immer wieder "schön anzusehen", so auch in diesem bemerkenswerten Thriller aus dem Jahre 2012, der es allerdings nie in die deutschen Kinos geschafft hat (in die österreichischen schon) - im ARD-Fernsehen lief er zuletzt am 16. und 17. Juli 2015.

Gere spielt Robert Miller, einen 60 Jahre alten erfolgreichen Manager und Multimillionär. Er möchte seine Investmentfirma verkaufen, hat aber bei Spekulationen viel Geld verloren und schönt nun seine Bilanzen. Der Käufer James Mayfield (Graydon Carter) hat es offenbar nicht eilig. Miller hat sich von seinem Partner Greenberg (Larry Pine) 412 Millionen Dollar geliehen und kann die im Moment nicht zurückzahlen, obwohl Greenberg darauf drängt. Die Handlung kommt richtig in Gang, als Miller mit seiner Geliebten, der französischen Kunsthändlerin Julie Côte (Laetitia Casta), wegen eines Sekundenschlafes einen furchtbaren Unfall verursacht, bei dem Julie stirbt. Der Wagen brennt aus. Um seine Ehe und den Firmenverkauf nicht zu gefährden, will sich Miller aus der Verantwortung stehlen. Er lässt sich von Jimmy Grant, einem Afroamerikaner und Sohn eines ehemaligen Angestellten (Nate Parker), nach Hause fahren. Die Polizei hat ihn von Anfang an in Verdacht, Fahrer des Wagens gewesen zu sein, zumal herauskommt, dass er die Miete für Julies Wohnung bezahlt hat. Detective Bryer (Tim Roth) findet durch ein Telefonat auch die Spur zu Grant, der aber keine Aussage macht.

Millers Tochter Brooke arbeitet auch in seiner Firma und hat einige Manipulationen entdeckt, weswegen sie dem Vater große Vorwürfe macht. Der verteidigt sich damit, dass die Firma sonst in Gefahr geraten wäre und dass Arbeitsplätze erhalten werden müssen. Mayfield spielt weiter auf Zeit, aber schließlich kommt der Verkauf der Firma zustande. Detective Bryer hat inzwischen Jimmy ein gefälschtes Foto vorgelegt, das ihn angeblich an einer Mautstation zeigt – ein "Beweis" dafür, dass er in der bewussten Nacht in der Gegend des Unfalls unterwegs war. Jetzt will Miller sich stellen. Als aber die Fälschung herauskommt, wird die geplante Anzeige gegen Jimmy fallen gelassen.

Roberts Frau Ellen (Susan Sarandon) war die ganze Zeit über seine Affären informiert. Sie erpresst ihren Mann nun dahingehend, dass er sein gesamtes Vermögen einem Wohltätigkeitsfond überschreiben soll. Andernfalls würde sie der Polizei sagen, dass er in der Unfallnacht erst am Morgen – und zwar mit Gesichtsverletzungen – nach Hause gekommen sei. Das würde einen Prozess nach sich ziehen. ("Dich erwarten tausend Jahre Gefängnis".) Robert fügt sich und wird auf einer Wohltätigkeitsveranstaltung als edler Spender gefeiert.

Der Titel "Arbitrage" bedeutet die Ausnutzung von Preisunterschieden für ein und dasselbe Gut auf unterschiedlichen Märkten und weist bereits auf die nicht ganz koschere Geschäftsführung Millers hin – wie überhaupt der ganze Film eine massive Kritik an der amerikanischen Finanzwelt, ihren Hedgefonds, ihren Millionengeschäften, ihrer Gier und ihrer Skrupellosigkeit darstellt. Und sich damit einreiht in eine Gruppe von kapitalismuskritischen Filmen, die nach dem Zusammenbruch der Lehman-Brothers-Großbank 2008 entstanden ("Der große Crash", "Cosmopolis", "The Wolf of Wall Street"). Richard Gere – als aalglatter Finanzhai mit äußerst fragwürdiger Moral – ist eine Idealbesetzung, da er, der eigentliche "Sympathieträger", dennoch große Zweifel an Millers Integrität aufkommen lässt. (Das ist kein Einzelphänomen; es gibt viele Filme, in denen man als Zuschauer in bestimmter Weise auf Seiten des "Schurken" steht und bei seinem Versuch, unbehelligt zu bleiben, "mitfiebert".) Eines von Alfred Hitchcocks Lieblingsthemen war: "Der unschuldige Mann wird zu Unrecht verfolgt". Hier haben wir das ebenso spannende Gegenstück: "Der schuldige Mann wird zu Recht verfolgt". Bis zum Schluss weiß man nicht: Wird Miller geschnappt oder entkommt er seiner Verhaftung?, und beide Möglichkeiten wären nicht unbedingt ein Happy End. Kritiker rühmten "Arbitrage" als einen von Geres besten Filmen. (Er hat bereits über fünfzig gedreht.) Bei den Golden Globe Awards erhielt er eine Nominierung als Bester Darsteller. Auch die übrigen Rollen sind fabelhaft besetzt und werden von dem jungen Regisseur Nicholas Jarecki – in seinem Erstlingswerk! – souverän geführt. Susan Sarandon erscheint als kühl kalkulierende Ehefrau, auch Tochter Brooke Miller wird von Grit Marling als starke Frauenfigur charakterisiert, das Supermodel Laetitia Casta zeigt erstaunliche Qualitäten in der Rolle der ausgehaltenen Geliebten, Tim Roth als Detective Bryer gibt den lauernden Ermittler, der terrierhaft am Fall dranbleibt und aus Hass bereit zur Fälschung ist, um den Schuldigen endlich zu überführen. Ein hochkarätiges Ensemble agiert in einem Film, der auch durch sein Dekor (Wolkenkratzer, Büros, Park, Tankstelle bei Nacht, bisweilen in Vogelsperspektive aufgenommen, Kamera: Yorick Le Saux) Authentizität vermittelt.

Übrigens: Der Film spielte weltweit 32 Millionen Dollar ein. Die Kritiken waren überwiegend positiv (zu 87 %).  

Manfred Lauffs / Wertung: * * * * (4 von 5)



Filmdaten

Arbitrage - Macht ist das beste Alibi
(Arbitrage)

USA 2012
Regie & Drehbuch: Nicholas Jarecki;
Darsteller: Richard Gere (Robert Miller), Susan Sarandon (Ellen Miller), Brit Marling (Brooke Miller), Tim Roth (Michael Bryer), Laetitia Casta (Julie Côte), Nate Parker (Jimmy Grant), Stuart Margolin (Syd Felder), Chris Eigemann (Gavin Briar), Graydon Carter (James Mayfield), Larry Pine (Jeffrey Greenberg), Bruce Altman (Chris Vogler) u.a.;
Produzenten: Laura Bickford, Kevin Turen, Justin Nappi, Robert Salerno; Kamera: Yorick Le Saux; Musik: Cliff Martinez; Schnitt: Douglas Crise;

Länge: 106,44 Minuten; FSK: ab 12 Jahren; deutscher Kinostart: keiner



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Schauspieler und Komiker Karl Valentin

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