11.08.2017

Another Earth

Weil die 17-jährige Schülerin Rhoda (Brit Marling) fahrlässig einen Verkehrsunfall verursacht, bei dem zwei Menschen tödlich verunglücken, muss sie für vier Jahre ins Gefängnis. Dass die junge Frau während der Autofahrt abgelenkt war, erscheint jedoch verständlich, denn am Unfalltag zeigte sich am Himmel ein neuer Planet, der unserer Erde aufs Äußerste ähnelt. Als Rhoda ihre Haftstrafe verbüßt hat, ist der mittlerweile auf den Namen Earth 2 getaufte Planet der Erde bereits ein gutes Stück näher gekommen und nimmt einen deutlich sichtbaren Platz am Firmament ein. Trotzdem beschäftigen Rhoda vor allem die Schuldgefühle gegenüber dem Musikprofessor John Burroughs (William Mapother), dessen Frau und Kind bei dem Unfall starben. Als angebliche Putzfrau nimmt Rhoda Kontakt zum einsiedlerischen John auf, der den Verlust seiner Familie kaum überwunden hat. Bald entstehen aus zaghaften Annäherungen romantische Gefühle zwischen den beiden, wobei John nichts von Rhodas Unfallbeteiligung ahnt.

Zunächst einmal ist "Another Earth" von Regisseur Mike Cahill ein zurückgenommen inszeniertes, nah bei den Figuren bleibendes Kammerspiel. Schon für sich allein genommen überzeugt dieser Part des Films mit den eindringlich spielenden Darstellern und den rauen, doch eleganten Handkamera-Bildern, die in bester Independent-Film-Manier kleine Gesten und Momente der Spannung zwischen Rhoda und John ausloten. Die Geschichte um die zweite Erde, die sich als Parallelwelt zur Erde entpuppt, verleiht dem schnörkellosen Ansatz eine interessante Reibung. Zwar bleibt der Science-Fiction-Anteil von "Another Earth" weitgehend im Hintergrund, sorgt dort aber für ein Rauschen, das der Dynamik zwischen Rhoda und John weitere Bedeutungsebenen verleiht und einige Fragen aufwirft: Leben Johns Angehörige auf der zweiten Erde noch? Ist der Unfall auch dort passiert?

Die Stärke von Mike Cahills Regiedebüt liegt in der Reibung zwischen dem Independent-Drama, das die psychologischen Belange der Figuren fokussiert, und der nie zum Selbstzweck degradierten Science-Fiction, die das Geschehen in ein neues Licht rückt. Dass beides ineinander aufgeht, liegt an der sicheren Inszenierung von Mike Cahill und den glänzenden Hauptdarstellern, die das Drama auch ohne den Zugewinn durch die zweite Erde interessant halten.



Diese Filmkritik ist zuerst erschienen bei fluter.de.

 

Christian Horn / Wertung: * * * * (4 von 5)



Filmdaten

Another Earth
(Another Earth)

USA 2011
Regie, Kamera & Schnitt: Mike Cahill;
Darsteller: Brit Marling (Rhoda Williams), William Mapother (John Burroughs), Matthew-Lee Erlbach (Alex), Meggan Lennon (Maya Burroughs), AJ Diana (Amos Burroughs), DJ Flava u.a.;
Drehbuch: Mike Cahill, Brit Marling; Produzenten: Mike Cahill, Hunter Gray, Brit Marling, Nicholas Shumaker; Musik: Will Bates, Phil Mossman, Fall On Your Sword;

Länge: 92,47 Minuten; FSK: ab 12 Jahren; deutscher Kinostart: 10. November 2011



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"Die erste Frage war immer, ob ich aus dem Osten oder Westen bin. Hätte man auch googeln können."

Regisseur Wolfgang Becker (22. Juni 1954 - 12. Dezember 2024), Regisseur von "Good Bye, Lenin!", über Interviews zum Film

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