12.01.2018
Eine Lektion in Herzlosigkeit

Alles Geld der Welt


Alles Geld der Welt: Michelle Williams, Mark Wahlberg Das jetzige Filmzeitalter weitet die Grenzen des Bösen aus - ruchlose blutreiche Krimis, mit eisig-kaltherzigen Serienkillern, historische Filme wie "The Revenant", die die Bestie im Menschen vorführen, Serien wie "Breaking Bad" oder "House of Cards" zeigen uns, wie tief man sinken kann, wenn man von Macht oder Todesangst besessen ist. So zeigt der Film "Alles Geld der Welt", wie unvorstellbar herzlos Geldgier machen kann.

Der Erfolg dieser Filme begründet sich unter anderem darin, dass jeder Mensch sich irgendwo wiederfindet, weil jeder die Wahl zwischen Gut und Böse hat. Der Zuschauer kommt in Kontakt mit der eigenen bösen Seite und kann sie zumindest fiktiv ausleben. So kommt es auch, dass der Film "Alles Geld der Welt" den Zuschauer entrüstet aber auch fasziniert. So wie der Vierteiler "Der Pate", das Epos "Es war einmal in Amerika", die "ketchupreichen" Filme Tarantinos oder die aktuellere Serie "Peaky Blinders". All diese Filme weiten das Tabu der Gewalt aus, und man fragt sich, wie weit das gehen kann. Die Geschichte "Alles Geld der Welt" zeigt, es geht noch ein Stück.

Alles Geld der Welt: Christopher Plummer Als der reichste Mann der Welt, der Ölmagnat J. Paul Getty (gespielt von Altmeister Christopher Plummer, als kurzfristig eingesetzter, besserer Ersatz für den wegen Missbrauchsvorwürfen angeklagten Kevin Spacey), von der Entführung seines 16-jährigen Enkels Paul (gespielt von Charlie Plummer) in Rom erfährt, fordert er, ohne von seinen Aktienkursen aufzusehen, die Assistentin auf, die Tür von außen zuzumachen. Der erstmal von kalabrischen Bauern und später größeren Verbrechern, wahrscheinlich der Mafia, festgehaltene Jugendliche wartet zutiefst verstört, zunehmend ausgehungert und verdreckt, monatelang darauf, dass jemand das Lösegeld von 17 Millionen Dollar zahlt. Der Preis für seinen zunehmend leblos werdenden Körper sinkt, auch ein abgeschnittenes Ohr kann den Sinkflug des Erlöses nicht aufhalten. Getty schickt statt Geldes den Unterhändler Fletcher Chace (gespielt von Mark Wahlberg) zur immens angespannten Mutter, Gail, (oscarreif gespielt von Michelle Williams). Chace teilt mit uns Nicht-Superreichen die Weisheit, dass Geld nicht immer Geld ist. Erst wenn man herausgefunden hat, was das Geld für jemanden bedeutet, kann man ihn verstehen. Was bedeutet nun Geld für J. Paul Getty? Und warum weigert er sich so vehement, diese Summe, die für ihn ein Taschengeld ist, für den von ihm eigentlich geschätzten Enkel zu bezahlen?

Der im Halbdunkel gedrehte Film mit majestätischen Aufnahmen von englischen Schlössern und italienischen Altbauten zeigt nicht wie vielleicht erwartet das dolce vita der Superreichen, sondern deutet es nur an. Die Spannung des Films wird von den ersten Minuten an erzeugt und durchgehend gehalten. Die Musik wird spärlich eingesetzt, jede Spur von Melodrama wird vermieden, es soll Trockenheit, Härte und Entmenschlichung herrschen und das tut es. Bleiern schwer.

Heute kennt man den Namen Getty durch die immense Kunstsammlung des Getty-Museums in Kalifornien. Denn letzten Endes bedeutete Geld für Getty der Besitz von Gemälden und Kunstobjekten – leblosen Dingen, die ihn, so sagt er im Film, nicht verraten können und immer rein und unschuldig bleiben, so wie kein Mensch es sein kann.  

Hilde Ottschofski / Wertung: * * * (3 von 5) 
 

Quelle der Fotos: Tobis, erstes Foto außerdem: Fabio Lovino

 
Filmdaten 
 
Alles Geld der Welt (All the Money in the World) 
 
USA 2017
Regie: Ridley Scott;
Darsteller: Michelle Williams (Gail Harris), Christopher Plummer (J. Paul Getty), Mark Wahlberg (Fletcher Chase), Romain Duris (Cinquanta), Timothy Hutton (Oswald Hinge), Charlie Plummer (John Paul Getty III), Rainer Sellien (Otto Lam) u.a.;
Drehbuch: David Scarpa nach der Vorlage von John Pearson; Produzenten: Chris Clark, Quentin Curtis, Dan Friedkin, Mark Huffam, Ridley Scott, Bradley Thomas, Kevin J. Walsh; Kamera: Dariusz Wolski; Musik: Daniel Pemberton; Schnitt: Claire Simpson;

Länge: 132 Minuten; FSK: noch nicht bekannt; ein Film im Verleih von Tobis; deutscher Kinostart: 15. Februar 2018



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"Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch..."

Schauspieler und Komiker Karl Valentin

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