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28.08.2011
4 Tage im Mai
"Sie kehren vor uns heim", sagt der russische Soldat, den Blick durch das Fernglas gerichtet. Nicht das vereinzelte Regiment von Wehrmachtssoldaten, die in den letzten Tagen vor Kriegsende an der deutschen Ostseeküste die Überfahrt nach Dänemark versuchen, sondern die Zugvögel. Der Soldat ist einer der acht Männer, die unter Führung ihres strengen Hauptmanns (Aleksei Guskov) ein Waisenheim besetzten. Nur Kinder und weibliche Bedienstete sind unter der Obhut der alten Baronin (Gertrud Roll) zurückgeblieben, als die russische Armee einmarschiert. Soldaten gibt es in ihrem Haus nicht, sagt die Baronin, doch Peter (Pavel Wenzel) ist Soldat. Die übergroße Uniform hat der 13-Jährige einem toten Wehrmachtssoldaten abgenommen, wofür er einsteht, weiß er kaum. Er will das hübsche Dienstmädchen (Angelina Häntsch) beschützen, für das er schwärmt, und ein Kriegsheld sein. Anders als durch Kampf glaubt er es nicht erreichen zu können. Doch die Pattsituation zwischen kriegsmüden deutschen und russischen Soldaten, die keinen Sinn in weiteren Opfern sehen, erschafft einen brüchigen Frieden: "4 Tage im Mai", in denen Freundschaft, Vater-Sohn-Gefühle und Humanität in einer Notgemeinschaft blühen, bevor die Realität sie erstickt.Die "4 Tage im Mai", während derer sich die in russischen Geschichtsarchiven vergrabene Geschichte des auf wahren Begebenheiten basierenden Dramas ereignete, sind Kriegstage, die letzten des Zweiten Weltkriegs und die ersten eines historistischen Krieges um wahrhaftige Darstellung einer unendlich verschieden erlebten Zeit. Der Krieg in Achim von Borries' nachdenklichem Zeitbild ist ein unsichtbarer. Er treibt zu Filmbeginn Flüchtende mit ihrer Habe zu einem Rettungsboot an den Strand, wo sie von den Russen eingeholt werden, schaut mit den Augen Toter aus Familienfotografien und schmerzt in der Wunde eines russischen Soldaten. In Waffenrauch und Bombendonner braut er sich über dem Ort gleich einem unheilvollen Gewitter zusammen, bevor er über die Figuren hereinbricht. Das Grauen selbst jedoch zeigt sich nicht, sondern bleibt ein Schemen in Qualm der Geschütze, der sich nach deren Verstummen lichtet.
Lida Bach /
Wertung: * * *
(3 von 5)
Quelle der Fotos: X Verleih Filmdaten 4 Tage im Mai Deutschland / Russland / Ukraine 2011 Regie & Drehbuch: Achim von Borries; Darsteller: Pavel Wenzel (der Junge), Aleksei Guskov (der Hauptmann), Ivan Shvedoff, Andrey Merzlikin, Sergey Legostaev (die Soldaten), Maksim Kovalevski (der Dolmetscher), Grigory Dobrygin (der Funker), Anna Angelina Häntsch (das Mädchen), Gertrud Roll (die Baronin), Petra Kelling (die Köchin), Merab Ninidze (der Major), Alexander Held (der Oberstleutnant), Martin Brambach (der Oberleutnant), Veit Stübner (der Kapitän), Sylke Langenbeck (das Kindermädchen), Julius Nitschkoff (der junge Soldat), Samuel Koch (Soldat), Jevgenij Sitochin (Sergei) u.a.; Produzent: Stefan Arndt, X Filme Creative Pool, Deutschland; Co-Produzenten: Aleksei Guskov & Evgeni Chanin, ZAO Studio F.A.F., Russland, Oleg Stepanenko, LLC Aurora Production, Ukraine, Achim von Borries; Kamera: Bernd Fischer; Musik: Thomas Feiner; Schnitt: Antje Zynga; Länge: 97,41 Minuten; FSK: ab 12 Jahren; ein Film im Verleih von X Verleih; deutscher Kinostart: 29. September 2011
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