Luc Bessons neueste
filmische Variante des Jeanne d'Arc-Mythos läuft in Deutschland
recht passend zu einem Zeitpunkt an, wo Frauen auf die Idee kommen
sich in die Bundeswehr einzuklagen.
Auch Jeanne d´Arc (1413-1431) wollte freiwillig in den Krieg
ziehen - oder zumindest weil es ihr Vaterlandsliebe und göttliche
Eingebung so auferlegten.
Geboren als armes Bauernmädchen, verspürt sie schon früh
den Drang zu Höherem und hört "Stimmen" zu
sich sprechen. Zu dem Zeitpunkt ist der Hundertjährige Krieg
zwischen Frankreich und England in vollem Gang,
und weite Teile Frankreichs sind von den englischen Truppen besetzt.
Jeanne (gespielt von Bessons Noch-Ehefrau Milla Jovovich) schafft
es bis an den französischen Hof, wo sie den späteren
König Charles VII. um eine Armee bittet, die sie im Kampf
gegen die Besatzer anführen will. Charles (John Malkovich)
und seine Schwiegermutter (Faye Dunaway) willigen ein - nicht
unbedingt weil sie von der göttlichen Mission überzeugt
sind: Viel zu verlieren haben sie in ihrer Lage ja nicht und
Jeanne d´Arc hat die Sympathie des Volkes auf ihrer Seite.
Die entschlossene und tatkräftige Jeanne kann mit ihrem Heer
einige wichtige Kämpfe zu Frankreichs Gunsten schlagen und
nimmt auch, wie von ihr prophezeit, an der Krönung von Charles
VII. teil.
Doch Frankreich vermag sie nicht zu retten, als sie von den Engländern
gefangengenommen und vor Gericht gestellt wird. Mit 19 Jahren
wird die "Jungfrau von Orléans" in Rouen auf
dem Scheiterhaufen verbrannt.
1920 wird Jeanne d´Arc heilig gesprochen.
Die Geschichte der französischen Nationalheldin wurde schon
des öfteren verfilmt, dargestellt von internationalen Stars
wie Ingrid Bergman (1948) oder unter der Regie von Carl Theodor
Dreyer im Jahr 1928. Auch gibt es aktuellere Verfilmungen: Eine
französische von 1993 und eine amerikanische TV-Produktion
von 1999. - Wo z.B. Dreyer seine Schwerpunkte auf die Gerichtsverhandlung
legte, sind bei Besson mehr die expliziten aber aussagelosen Visionen
und die blutigen Schlachten in Vordergrund. Leider bekommt man
in einigen Momenten den Eindruck, dass er nicht über einen
historischen Kriegs- und Kostümfilm hinauskommt.
Die Kostüme sind toll anzusehen, die Kämpfe routiniert
und sehr brutal in Szene gesetzt - doch kommt es darauf an? Was
genau hat es mit Jeannes fanatischem Glauben und ihren Visionen
auf sich?
Am Ende hat sie selbst Zweifel, ob ihr Kriegszug gottgewollt
war oder ob sie das sah was sie sehen wollte. Ihre letzte Erscheinung
ist beängstigender als die vorherigen: Von Dustin Hoffman
(ein Highlight des Films!) mit einer Spur Ironie gespielt; im
Abspann wird sein Part als "das Gewissen" umschrieben.
Bei ihm legt Jeanne ihre letzte Beichte ab und kann so erleichtert
in den Märtyrertod gehen.
Etwas mehr Auseinandersetzung mit dem Glauben und der Kirche
wären wünschenswert gewesen, da reicht es nicht aus,
immer wieder das Symbol des Kreuzes zu zeigen. Oder Jeanne in
der Pose des Gekreuzigten darzustellen oder zu Beginn sowie in
der Gerichtsszene in der Farbe blau der Jungfrau Maria gekleidet.
Jeanne durchläuft sogar eine Art Wiederauferstehung wie
Christus, als sie im Kriegsgeschehen schwer verletzt wird und
am folgenden Tag wieder in der Schlacht ist. Dann fällt sie
in eine Glaubenskrise, als sie aus dem Blutrausch erwacht und
ihr die Ausmaße der Gewalt bewusst werden.
Fast scheint es da plausibler, dass Jeanne aus Rache für
ihre Schwester in den Kampf zog, welche vor ihren Augen von einem
Engländer ermordet und vergewaltigt wurde, als für ihren
Glauben.
Doch letztendlich muss sie sterben, da sie ihren Gott nicht verraten
will.
In der Schlussszene wird die ohnehin schon ziemlich bombastische
Musik noch mehr gesteigert, und man kann sich der Frage nicht
erwehren, warum bei so viel Anlehnung nicht direkt die Originalmusik
von Carl Orff verwendet wurde.
Es ist schade, dass der Film die Magie früherer Besson-Filme
wie "Im Rausch der Tiefe" und "Leon - Der Profi" vermissen
lässt, ebenso fehlt ihm der Witz und die Originalität
aus "Das fünfte Element", in welchem Milla Jovovich
auch vielleicht mehr beeindrucken konnte.
Da bleibt es abzuwarten, ob der Film nicht aus reinem Nationalstolz
ein Publikumserfolg in Frankreich war.
Ich persönlich würde da Vergleichbares aus der Sicht
des Feindes vorziehen und mir sämtliche Verfilmungen von
Shakespeare-Dramen zu Gemüte führen.