22. Juni
2000
Die
Welt des Frankenstein-Regisseurs James Whale
Gods
and Monsters
Ein biographischer
Film über die letzten Tage des Hollywood - Regisseurs James
Whale (1889-1957). Wer war James Whale? Für Fans des Horror-Genres
keine Frage. Er war der Regisseur der ersten und höchst einflußreichen
,,Frankenstein"-Verfilmung von 1931 sowie der beliebten Fortsetzung
,,Frankensteins Braut" (The Bride of Frankenstein, 1935), also
der "Erschaffer" von Frankensteins Monster. Auch in ,,Gods
and Monsters" wird er über diese Filme und seine Kreaturen
definiert (allein der Titel ist ein Zitat), sie bestimmen sein Leben,
und er kommt nicht mehr von ihnen los. ,,Dafür wird man sich
an Sie erinnern," sagt ein Verehrer von Whale zu seinem Idol.
Der reagiert ein wenig pikiert und gibt zu bedenken, noch sei er
nicht tot. Später erwähnt er noch nebenbei, ihm habe sein
Film "Der Unsichtbare" (The Invisible Man, 1933) besser
gefallen.
Überflüssig
zu sagen, daß dieser Mann mehr Geschichten und Untiefen zu
bieten hat als seine herausragende Verfilmung von Mary Shelleys Klassiker.
,,Gods and Monsters" beinhaltet eine Reihe faszinierender und
sehr verschiedener Themen wie das Alter, Homosexualität, Ruhm,
Kriegstraumata und das unbarmherzige britische Klassendenken. Dabei
schafft es der Film mühelos, sie dem Zuschauer näher zu
bringen und ihn für die Tragik in James Whales Leben zu interessieren.
Dieser wandert seit einem Schlaganfall in Gedanken immer wieder
in seine Vergangenheit zurück und kann manchmal Realität
und Erinnerung nicht mehr ganz auseinanderhalten. Nach mehreren
kurz aufeinanderfolgenden, höchst erfolgreichen Filmen hat
sich Whale zur Ruhe gesetzt, enttäuscht vom Filmbusiness
und widmet sich hedonistisch den angenehmen Seiten des Lebens.
Für ihn bedeutet das, viele gutaussehende junge Männer
um ihn herum. Doch die wilden Zeiten sind lange vorbei, als wir
ihn kennenlernen. Er lebt zurückgezogen, allein mit seiner
Haushälterin (gespielt von Lynn Redgrave), die sich aufopfernd
um ihn kümmert. In diese Isolation bricht eines Tages der
junge Clayton Boone (Brendan Fraser), der als Gärtner eingestellt
wurde. Es entsteht Stück für Stück eine nicht unkomplizierte
Freundschaft zwischen den beiden. Der erklärt heterosexuelle
Boone fühlt sich zugleich von Whale angezogen und abgestoßen.
Er entdeckt dessen Filme und hört sich Geschichten aus dessen
Leben an. Auch er kommt wie Whale aus armen Verhältnissen.
Whale treibt gern seine Spielchen mit jungen Männern und
nutzt seine Stellung voll aus - was ist ihm auch sonst erfreuliches
übrig geblieben? Natürlich hat er auch Pläne mit
Clayton Boone, doch der läßt sich nicht so manipulieren
und benutzen. Er will sich nicht zu einem Monster machen lassen
- und doch läuft er am Ende des Films wie Frankensteins Kreatur
durch die verregneten Straßen. Eine kleine Hommage an den
Freund (mit einem Fragezeichen) und an die Begegnung, die er sein
Leben lang nicht vergessen wird.
Obwohl der Film eine unverkennbare melancholische Note hat, gibt
es ebenfalls ein paar höchst komische Momente. Der Theaterdarsteller
lan McKellen ("Richard III.") spielt James Whale so
englisch wie nur möglich, mit einem ironischen und unverschämten
Witz, der auch vor Prinzessin Margaret nicht halt macht. Allein
McKellens anrührende Performance wäre der Gang ins Kino
oder zur nächsten Videothek wert. Sie brachte ihm auch immerhin
eine Oscar-Nominierung ein, Lynn Redgrave gewann den Golden Globe
als beste Nebendarstellerin. Das Drehbuch erhielt einen Oscar,
dennoch vermag es nicht besonders zu überzeugen. Was allerdings
auch das einzige Handicap des Films bleibt.
Erwähnenswert ist, daß Horrorspezialist Clive Barker
("Hellraiser"), den Film mitproduziert hat, er schrieb
u.a. das Drehbuch für ,,Candyman", dessen Fortsetzung
,,Gods and Monsters" - Regisseur Bill Condon drehte.
Der Film macht durchaus Lust auf mehr, vielleicht sollte man dem
Tip auf der Videohülle vertrauen: "Read the Faber Biography
James Whale: A World of Gods and Monsters'.
Jessica Ridders
/ Wertung:
* * * * (4 von 5)
Filmdaten
Gods and Monsters
USA/GB, 1998 Regie und Buch: Bill Condon; Kamera:
Stephen M. Katz; Musik: Carter Burwell; Darsteller: lan
McKellen, Brendan Fraser, Lynn Redgrave, Lolita Davidovich, u.a.;
Länge: ca. 106 Minuten; FSK: ab 15
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