"Das Leben ist
nur eine Kopie! Und bald werden alle Sphären nach mächtigen
Markennamen benannt sein, wie Microsoft-Galaxie...", lautet
Jacks Einführung in seine Story.
Jack (Edward Norton), die Hauptfigur des Films, ist ein lebender
Toter. Er arbeitet bei einer Autoversicherung und investiert sein
Geld in schwedische Designer-Möbel. Er hat keine sozialen
Kontakte und leidet unter Schlaflosigkeit, kurz, er ist ein Opfer
der amerikanischen Konsumgesellschaft voller Calvin Kleins, dem
das Leben keinen Stimulus mehr bieten kann. Dies soll sich jedoch
ändern, als er Tylor Durden kennenlernt. Durden (Brad Pitt)
ist ein Gesetzloser, ein Freak, der nichts zu verlieren hat und
dem das Leben keine Sicherheit in Form von Identifikation zu bieten
hat: "Du bist nicht Deine Bank, Du bist nicht Dein Appartment".
Tagsüber pinkelt er als Kellner der gut betuchten Gesellschaft
ins Essen oder schneidet als Filmvorführer "Geschlechtsteile
in Cinderella Filme"; nachts klaut er Beutel mit abgesaugtem
Körperfett aus Schönheitskliniken, um den amerikanischen
Frauen ihr eigenes Fett in Form von Seife zurück zu verkaufen.
Solch zynische und sarkastische Bilder über die westliche
Konsumgesellschaft, finden sich bei David Fincher ("Sieben"
"The Game") auch in Gestalt von Bob (Meat Loaf), einem
ehemaligen Bodybuilder wieder, dem durch die Einnahme zu vieler
Hormone gigantische Brüste gewachsen sind, oder durch Marla
Singer (Helena Bonham Carter), deren erbärmliches Dasein
sie, genau wie Jack, zum Selbsthilfegruppen-Tourist hat werden
lassen, um durch Mitgefühl wieder selber Gefühle empfinden
zu können.
Als Jack Tyler kennenlernt, erfährt er jedoch eine neue
Art von Emotionsrausch. Streetfighting -Boxen bis das Blut spritzt-.
Mit Tyler gründet er den Fight-Club, in dem junge Männer
zusammenkommen um in blutigen Schlägereien gegeneinander
anzutreten. Jack avanciert so vom Selbsthilfegruppen-Touri, zum
Fight-Club-Junkie. Fight-Club, der anfangs ein Club von blutrünstigen
Schlägern zu sein scheint, entwickelt sich jedoch mehr und
mehr zu einer Terrororganisation mit protofaschistischen Zügen.
Tylor, der Anführer dieser Geheimgesellschaft, vermag es
sich binnen kürzester Zeit Soldaten heranzuziehen, die bereit
sind wie eine Maschinerie Sprengstoff zu produzieren um mit ihnen
Attentate auf "sinnlose Konsumvertreter" auszuüben.
Über Ursprung und Entwicklung dieses Fight-Clubs haben Jack
und Tylor jedoch bald genauso ein gespaltenes Verhältnis
wie zu der Beziehung, die die beiden mit Marla führen. Während
Marla immer wieder versucht die Nähe Jacks zu gewinnen, ergibt
sie sich den gewaltsamen Sexspielen von Tyler. Von diesem Punkt
an sollen sich auch die ersten Charakter- und Identifikationsprobleme
des in einem eheähnlichen Verhältnis lebenden Paares
Jack +Tylor herauskristallisieren. "Rollentausch und der
Film läuft ganz normal weiter, ohne daß das Publikum
es merkt", erläutert uns die Stimme aus dem Off.
Mit solch selbstreflexiven Elementen, die das `Erzählen´
im Kino thematisieren spielt Fincher übrigens den ganzen
Film über. Durch Kommentare aus dem Off, Dialoge mit dem
Zuschauer seitens der Darsteller und einer ungewöhnlichen
Montagetechnik (Vorgriffe innerhalb von Rückblenden, eingefrorene
Bilder) wird der Plot andauernd gebrochen. Ebenso durch die sehr
gut gelungenen Animationen unter der Leitung von Alex Mc Dowell
-bekannt durch Animationen zahlreicher Spielbergfilme-, die gewisse
Wunschgedanken der Figuren visualisieren. Wenn Jack im Flugzeug
sitzend über einen Flugzeugabsturz nachdenkt, vollzieht sich
dieser im nächsten Moment schockartig auf der Leinwand. Spricht
Jack über seine schwedischen Möbel, wird der Zuschauer
direkt in die virtuelle Szenerie eines Ikea-Katalogs geworfen.
Finchers Film ist jedenfalls nicht im geringsten eine Kopie,
mag er auch ein wenig an Matrix (Special Effects, wie digitale
Bildbearbeitung und fragmentarische Erzählweise) oder an
Thelma + Louise (Plot) erinnern, so zerlegt er durch seine Bilder
und Symbole den amerikanischen Film und damit auch die westliche
Konsumgesellschaft in all seine Bestandteile. Denn nicht nur die
Geschichte des Films, sondern auch seine Erzählweise und
Ästhetik unterlaufen jegliche Regeln des amerikanischen Kinos.
Finchers filmtechnische Umsetzung unterbindet eine lineare, mit
einem klassischen Spannungsbogen versehene Handlung, die genauso
anarchistisch ist wie der Charakter Tylers. Und die Bilder außerhalb
der Brutalität -die hier eher den verzweifelten Versuch des
Ausbruchs aus der Gegenwart als die Verherrlichung von Gewalt
darstellen- lassen den Zuschauer eine unbekannte Kinodimension
erfahren.. Die Kombination der ironisierenden Science-Fiction-Sequenzen
mit denen der düsteren Gewalt, verdichtet den Film Fight-Club
zu einer bitterbösen apokalyptischen Satire, die von der
Identitätsspaltung bis zum Feminismus kein Thema der heutigen
Gesellschaft unangetastet lässt. (... oder der Film läuft
ganz normal weiter, ohne daß das Publikum es merkt.)
Kann man diesem Film trotz seiner Brutalität dennoch nichts
abgewinnen, hat er einen vielleicht nur im falschen Moment erwischt.
So Jacks letzte Rechtfertigung gegenüber Marla in bezug auf
sein absolut unberechenbares Verhalten.
Fight-Club, USA 1999, 139 min.; Produzenten: Art Linson, Ross
Bell; Regie: David Fincher; Buch: Chuck Palahniuk; Drehbuch: Jim
Uhls; Kamera: Jeff Cronenweth; Spezialeffekte: Alex Mc Dowell;
Musik: The Dust Brothers; Darsteller: Edward Norton (Jack), Brad
Pitt (Tyler Durdon), Helena Bonham Carter (Marla Singer), Meat
Loaf (Bob Paulsen), Jared Leto (Angel Face) u.a.