9. November 2000

Romancier Grady Tripp auf Horror-Tripp

Die Wonder Boys

KampfhundHansons Campus-Komödie nach dem Roman von Michael Chabon amüsiert und bietet routinierte Kino-Unterhaltung, hinterlässt aber keinen tieferen Eindruck, da trotz gut aufgelegter Schauspieler der Funken nicht so recht überspringen will.

"A worried man with a worried mind" - das ist Grady Tripp (Michael Douglas), Dozent für Creative Writing an der Universität Pittsburgh. Nach seinem von Kritik und Leserschaft gefeierten Erstlings-Roman wartet man, allen voran sein Lektor Terry (Robert Downey Jr.), auf ein ähnlich erfolgreiches Werk. Doch das neue Werk des ständig unter Drogen-Einfluss stehenden Romanciers ist in sieben Jahren mittlerweile auf stolze 2612 Seiten angewachsen, da er sich in Nebensächlichkeiten verliert. Ein Ende ist nicht in Sicht. Als ihn dann seine Frau verlässt, seine Geliebte, die Frau seines Vorgesetzten, von ihm schwanger wird und sein talentiertester Student James Leer (Tobey Maguire) nicht nur den blinden Hund Poe des Dekans erschießt, sondern auch dessen kostbarsten Besitz, eine echte Marilyn-Monroe-Jacke, raubt, ist das Chaos perfekt. Mit dem toten Hund im Kofferraum seines Wagens zweifelhafter Herkunft und dem melancholischen Leer an der Seite begibt sich Tripp auf einen wahren Horror-Trip.

Mit großem Einsatz spielt Douglas den sympathischen Anti-Helden, der übergewichtig (für diese Rolle legte er 20 Kilogramm zu), mit fettigen Haaren und einem grauenhaften Bademantel bekleidet keinerlei Ähnlichkeiten mehr mit dem gelackten Gordon Gekko aus Wall Street aufweist. Schon jetzt wird Douglas als Kandidat für die nächste Oscar-Verleihung gehandelt. Auch das übrige Ensemble überzeugt mit solider Leistung. Besonders Robert Downey Jr. gefällt in der Rolle des verzweifelt-hektischen, bisexuellen Lektors. Dennoch gelingt es Regisseur Curtis Hanson (L.A. Confidential) nicht, seinen Figuren Plastizität zu verleihen. Sie bleiben Typen, die nach vorhersehbaren, weil bekannten, Strickmustern handeln. Nun muss von einer leichten Komödie kein psychologischer Tiefgang erwartet werden, doch hätte eine sensiblere, weniger offenkundige Zeichnung der nicht immer logischen Handlung gut getan.

FilmausschnittAngenehm fällt die dezente, zurückhaltende Komik auf, die aber mitunter durch eine gewisse Langatmigkeit, hervorgerufen durch nicht konsequent durchgehend behandelte Nebenstränge, an Effekt verliert. Sobald sich das Erzähltempo strafft, hat Hanson aber die Lacher auf seiner Seite. Allein die brillant konstruierte Geschichte um das gestohlene Auto - mit einem furiosen Finale und einem Downey Jr. in Höchstform - entschädigt für manchen gequälten Witz der ersten Filmhälfte. Sie entschädigt aber nicht für das Ende des Films, das so durch und durch klischeebelastet ist, dass es an Peinlichkeit kaum zu überbieten scheint.

Eine geschmackssichere Hand wurde hingegen bei der Auswahl der Filmmusik bewiesen, die, passend zur schneematschigen, traurig-tristen Kulisse Pittsburghs, die großen Melancholiker der Musik vereint. Neben Leonard Cohen und Neil Young ist sogar Bob Dylan mit vier Songs - darunter auch den eigens für Dylan-Fan Douglas komponierten Titelsong Things Have Changed - vertreten.

  Stefan Strucken / Wertung: * * * (3 von 5)

Quelle der Fotos: Paramount Pictures

Filmdaten
Die Wonder Boys (Wonderboys)
USA 2000, Regie: Curtis Hanson, Musik: Bob Dylan, Leonard Cohen, John Lennon, Neil Young, Van Morrison
Darsteller: Michael Douglas (Grady Tripp), Frances McDormand (Sara), Katie Holmes (Hannah), Robert Downey Jr. (Terry), Tobey Maguire (James Leer), Rip Torn (Q) et al.; Länge: 112 Minuten; Kinostart Deutschland: 02.11.2000; FSK: ab 12 Jahren.

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