10.08.2000

American Psycho

1991 erschien ein amerikanischer Roman, der wegen brutaler Schilderungen sogleich kontrovers diskutiert wurde. Bret Easton Ellis' Werk "American Psycho" ist jetzt von Mary Harron verfilmt worden. Die Hauptrolle spielt Christian Bale. Seine Rollenfigur heißt Patrick Bateman. So wie der Titel von Buch und Film an Alfred Hitchcocks "Psycho" angelehnt ist, so erinnert auch dieser Nachname nicht von ungefähr an Norman Bates.

Bei der Suche nach Bret Easton Ellis' Werk American Psycho wird man in Buchhandlungen nicht so schnell fündig. Dabei mag ein Exemplar des 1991 erschienenen Romans durchaus vorhanden sein: In einer Schublade, zu der nur der Buchhändler Zugriff hat. Der Roman ist indiziert, er soll Jugendlichen nicht zugänglich sein. Sein Inhalt gilt als zu brutal. Gleich nach seinem Erscheinen hatte der Roman kontroverse Diskussionen provoziert.

Szenenbild

Die Regisseurin Mary Harron hat das Buch jetzt verfilmt. Die Hauptrolle spielt Christian Bale; seine Rollenfigur heißt Patrick Bateman. So wie der Titel von Buch und Film an Alfred Hitchcocks Psycho angelehnt ist, so erinnert auch dieser Nachname nicht von ungefähr an Norman Bates. Ein weiterer Grund für die Wahl dieses Nachnamens ist die Ähnlichkeit mit Batman, denn der New Yorker Yuppie Patrick Bateman gilt in seiner Gesellschaft als Supermann. Er ist ein gutaussehender Twen der Oberschicht der achtziger Jahre. Während der Vater Patricks Lebensunterhalt finanziert, geht Patrick einem Bürojob einzig deswegen nach, "um dazuzugehören". Ansonsten kümmert sich Patrick selbst nur darum, ein möglichst angenehmes Leben zu haben. Ein Leben, für das eigentlich nur folgende gesellschaftliche Kriterien gelten: Wer trägt die teuersten Markenklamotten, besitzt die wertvollsten Visitenkarten, wer die reichste Verlobte plus schönster Geliebten? Patrick ist in diesen gesellschaftlichen Kämpfen besonders angesehen und begehrt, da er die Wettbewerbe perfekt beherrscht - und so kennt sein Selbstbewusstsein keine Grenzen mehr. Schon bald erfährt der Zuschauer: Auch seine Vorstellungen von Moral haben die Grenzen überschritten. So, wie sich Patrick einmal eine Gesichtsmaske vom makellos pickelfreien, braungebrannten Gesicht zieht, so hat er selbst auch eine zweite Haut: Er ist Serienmörder und geht in den Nächten seinem immer größer werdenden Blutrausch nach...

Buchautor Bret Easton Ellis ist in seinem Werk stets ein fantasiereicher Erzähler brutaler Szenen. Bateman schlachtet ein Kind im Zoo ab, ätzt einer gefesselten Prostituierten die Vagina, damit eine Ratte zum Durchlaufen genügend Platz hat, oder Bateman schildert als Ich-Erzähler das Zerschneiden einer Leiche und deren weiteren Zerfall in allen Einzelheiten. Der Autor verherrlicht nicht Gemetzel, er zelebriert sie aber trotzdem, da sie Aussagekraft über die innere Zerstörtheit Batemans haben.

Mary Harron weiß, dass sie solche Szenen in der Verfilmung nicht zeigen darf. Bei ihr ist Gewalt subtiler, gar humorvoll, wenn auch für den Zuschauer ähnlich schmerzhaft. Abgesehen von zwei blutigen Szenen, in denen Bateman werwolfhafte Züge annimmt, wird das zweite Ich des Pat Bateman mit viel Augenzwinkern erzählt. Roman und Film kommen beide über unterschiedliche Wege zum gleichen Ziel: Die Gesellschaft wird als Inferno dargestellt, einzig Batemans äußere Erscheinungsform ist für seine Mitmenschen interessant, nicht seine Psyche.

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Ursprünglich sollte Leonardo DiCaprio die Rolle des Bateman spielen, aber Mary Harron hat gut daran getan, sich anders für die Besetzung zu entscheiden. Im Buch wird einmal Tom Cruise als Bewohner des Apartmenthauses Batemans erwähnt. Nicht grundlos, wollte Easton Ellis dem Zuschauer so einen Hinweis darauf geben, wie man sich das Aussehen Batemans in etwa vorzustellen hat. Christian Bale (Velvet Goldmine) ist die Idealbesetzung: Er sieht Cruise sehr ähnlich, doch von diesem äußerlichen Vergleich kann sich Bale schnell absetzen durch sein perfektes Spiel: Seine Darstellung des emotional kalten Patrick Bateman wird beim Zuschauer lange nachwirken.

 

Michael Dlugosch / Wertung: * * * * (4 von 5)

Quelle der Fotos: Universal Studios


Filmdaten
American Psycho (American Psycho)

Regie: Mary Harron; Buch: Bret Easton Ellis nach seinem Roman, Mary Harron, Guinevere Turner; Produzenten: Ernie Barbarash, Alessandro Camon, Joseph Drake, Christian Halsey Solomon, Chris Hanley, Victoria Hirst, Michael Paseornek, Edward R. Pressman, Ron Rotholz, Jeff Sackman, Clifford Streit, Rob Weiss; Kamera: Andrzej Sekula; Schnitt: Andrew Marcus; Musik: John Cale; Casting: Kerry Barden, Billy Hopkins, Suzanne Smith; Darsteller: Christian Bale (Patrick Bateman), Willem Dafoe (Detective Donald Kimball), Jared Leto (Paul Allen), Josh Lucas (Craig McDermott), Samantha Mathis (Courtney Rawlinson), Matt Ross (Luis Carruthers), William Sage (David Van Patten), Chloë Sevigny (Jean), Cara Seymour (Christie), Justin Theroux (Timothy Bryce), Guinevere Turner (Elizabeth), Reese Witherspoon (Evelyn Williams), Stephen Bogaert (Harold Carnes), Monika Meier (Daisy), Reg E. Cathey (Obdachloser) u.a.

USA 2000, 102 Minuten.

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